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Motivation statt Druck – was Eltern im Leistungssport wirklich stärkt

Aktualisiert: 1. Nov.


Vor kurzem sass ich mit einer Mutter in meinem Beratungsraum. Ihr Sohn, 13 Jahre alt, spielt Fussball auf hohem Niveau. „Er liebt den Sport“, sagte sie, „aber manchmal habe ich das Gefühl, er macht es mehr für uns als für sich.“Diese Aussage höre ich oft – und sie berührt mich jedes Mal.

Denn Eltern wollen nur das Beste für ihr Kind. Sie investieren Zeit, Energie und Herzblut. Sie stehen am Spielfeldrand, frieren im Regen, fahren zu Turnieren, motivieren, trösten, hoffen. Doch genau da, wo Unterstützung beginnt, entsteht manchmal Druck – oft ungewollt.

Kinder im Leistungssport brauchen Eltern, die an sie glauben, ohne sie zu lenken. Die sich mitfreuen, aber nicht mitleiden. Die Vertrauen geben, wenn es schwierig wird, und Gelassenheit bewahren, wenn Rückschläge kommen.

Ich erinnere mich an ein Coaching mit einem Vater, der alles richtig machen wollte. Er war selbst früher Sportler, kannte Ehrgeiz und Wettkampf. Sein Sohn aber tickte anders – still, sensibel, kreativ. Gemeinsam fanden wir heraus, dass dieser Junge nicht mehr Motivation brauchte, sondern Erlaubnis, anders zu sein. Heute spielt er immer noch – mit Freude.

Leistung entsteht dort, wo Druck in Vertrauen verwandelt wird.Das zeigen auch Studien: Kinder, die aus eigener Motivation trainieren, entwickeln mehr Ausdauer, Konzentration und innere Stärke. Entscheidend ist, dass Eltern die Anstrengung und Fortschritte ihres Kindes würdigen – nicht nur das Ergebnis. Wer den Fokus auf Entwicklung statt Sieg legt, stärkt das Selbstvertrauen des Kindes nachhaltig.

Doch übermässiger Druck – selbst wenn er gut gemeint ist – kann das Gegenteil bewirken. Kritik nach einem verlorenen Spiel, ständiges Nachfragen, überhöhte Erwartungen: All das kann die Freude am Sport ersticken. Eltern sind am stärksten, wenn sie den Raum öffnen, statt ihn zu füllen.


Wussten Sie, dass …?

Forschung aus der Sportpsychologie zeigt: Kinder entwickeln dann Motivation und Zufriedenheit, wenn vier psychologische Grundbedürfnisse erfüllt sind – das Herzstück der Self-Determination Theory von Deci & Ryan (2000):

  • Selbstwirksamkeit: „Ich kann etwas bewirken.“

  • Autonomie: „Ich darf eigene Entscheidungen treffen.“

  • Kompetenzerleben: „Ich wachse an meinen Aufgaben.“

  • soziale Eingebundenheit: „Ich fühle mich verstanden und unterstützt.“

Wenn Eltern diese Bedürfnisse bewusst fördern, schaffen sie ein Umfeld, in dem Kinder nicht nur sportlich, sondern auch persönlich wachsen. Erfolg entsteht dann als Folge von Entwicklung – nicht als Bedingung dafür.

Als Vater, Trainer und Coach sehe ich immer wieder, wie viel Kraft in dieser Haltung steckt. Es ist kein Zeichen von Schwäche, loszulassen – es ist ein Akt von Vertrauen.Wenn Eltern ihren Kindern Mut machen, Fehler zuzulassen und eigene Wege zu gehen, geschieht etwas Wundervolles: Das Kind wird stärker, selbstbewusster und zufriedener.

Ich begleite Eltern, die genau das möchten – die spüren, dass Leistung und Leichtigkeit sich nicht ausschliessen. Mit meiner Erfahrung aus dem Sport, der Laufbahnberatung und der Entwicklungspsychologie helfe ich, diese Balance zu finden.Denn letztlich geht es nicht um Medaillen oder Pokale. Es geht um Menschen, die mit Freude wachsen dürfen – auf dem Platz, in der Schule und im Leben.



Quellen & Literaturhinweise

  • Kanton Zürich, Sportamt (2021): Sporteltern – Faktenblatt für Eltern im Leistungssport.www.zh.ch/sporteltern

  • mobilesport.ch (2018): Lernerfolge begleiten ohne Druck.mobilesport.ch/sportlereltern-lernerfolge-begleiten-ohne-druck

  • Deci, E. L. & Ryan, R. M. (2000): Self-Determination Theory and the facilitation of intrinsic motivation, social development, and well-being. American Psychologist, 55(1), 68–78.

  • Harwood, C. G. & Knight, C. J. (2015): Parenting in youth sport: A position paper on parenting expertise.Psychology of Sport and Exercise, 16, 24–35.

  • Weiss, M. R. & Wiese-Bjornstal, D. M. (2009): Developmental sport and exercise psychology: A lifespan perspective. Champaign, IL: Human Kinetics.

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